Sonntag der 3.5.2014. Ich bin im Stuttgarter Osten zu
einer Ausstellungseröffnung geladen. Es läuft Hintergrundmusik von der Bar. Ich
gehe hin und denke bis auf einen Meter Entfernung: Da ist jemand hinter der
Theke und macht den DJ. Doch da steht nur ein aufgeklappter Laptop. Im Laptop
läuft ein Film. Er ist offensichtlich Teil der Musik. Ich sehe eine DJane - Nina
Kravitz - beim Mischen der Musik, die gerade zu hören ist. Länge des Sets: Über
eine Stunde. Das läuft so kostenlos aus dem Internet, von Youtube. Ninas
Klickrate liegt bei 1,5 Millionen. Schon 2012 habe ich DJ Khaleds riesige Sendungen aus dem
Netz gezogen. 2013 dann entdeckte ich, dass so ziemlich sämtliche "epische
Musik" bei Youtube in einer Ecke gehäuft lagerte. Ich holte mir den ganzen Berg.
Nach der Party nun klemme ich mich ans Internet und schaue
nach: Welche DJanes sind bereits mit Bewegtfilm in der vollen Länge ihres Sets
im Internet abzugreifen? Also kein starres Foto mehr über der Musik - nein, der
DJ kommt ins Haus mit seinem Gerät und seiner Arbeit. Ein solcher DJ-Film mit
laufender Standkamera ist schon
dabei, der dauert sieben Stunden. Die Männer sind mit solchen komplett gefilmten
Spielstunden zehnmal so viel vertreten wie die Frauen - aber sie sind ja auch
hundertmal häufiger an den Plattentellern als die Mädels. Männern will ich bei DJing nicht zuschauen, da bin ich Teil der Party. Bei der Hälfte der DJanes
gefällt es mir aber, wenn sie da am Rande meiner Aufmerksamkeit an den Knöpfen
drehen. Ich kann manchen Mädels zehn Minuten lang einfach nur zusehen, auch wenn
die Kamera keinen Mucks macht.
Die Macker der offiziellen Sendestationen haben mit
Kameras, die nach Originellem suchen, durchaus schon lange in den Hörstudios
gefilmt. Das wirkte noch irgendwie bemüht. Da gab es häufige Schnitte und
Bewegtkameras. Es geht aber um etwas anderes: Dieses ruhige Gefühl, dass der DJ
im Haus ist. Der steht doch an einem festen Platz hinter seinen Turntables, und
man kann gelegentlich zu ihm hinschauen. Solche ruhigen Filme sind nun zu haben.
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Ich holte die mir gefallende Hälfte der DJanes auf die
Festplatte. 8 GB Material sind es. 17 Stunden können nun lauter DJanes bei mir
durchspielen, von einem relaxten Beginn über viel coole Beats bis zu mittlerer
Heftigkeit. Diesen Auftritten ist nichts mehr zuzufügen. Das ist doch die
komplette Belieferung. Ich muss nie mehr "electronic beats" zusammenstellen. Ich
stelle dafür meine DJanes auf (sie gehören natürlich allen. Aber einige habe ich
gefunden, deren Klickraten lagen erst bei 1000). Wer will, schaut ihnen zu, wie
sie da ab 2011 bis jetzt 2014 Musiktitel mischen.
Ich habe bei keiner Party je "electronic beats" gemischt.
Auch Goa ließ ich seitlich liegen. Mir fiel bei diesen Musikrichtungen auf: Die
neigen zur Inflation. Das ist schon nützliche Musik - aus meiner Sicht für
Klanghintergründe, aber ich sehe auch viele da drauf tanzen. Aber sie plätschert
mir zu sehr. Sie ist wie Wasser. Wunderbare Berge habe ich von diesem wehmütigen
Trance, und klar bade ich in Techno. Aber nein, auch Jungle, drum´n´bass sowie
in die zahme Richtung House habe ich umgangen. Damals schon sah ich in
zappeliger sowie in Mid-Tempo-Musik die Inflation.
Ich fühle mich beschenkt von diesen DJane-Film-Mädels. Sie
bringen ihre Musikauswahl vergleichbar wie die Männer rüber, jaja, geht doch. Die kann
ich aufstellen. Die machen meine Arbeit - bei aller massenhaft produzierbaren
Musik. Sie werden bei Ausstellungen ab jetzt laufen. Ich brauche kein Internet
dazu, das lagert jetzt in den Anfängen und Enden leicht beschnitten bei mir, das ist jetzt
ein stündlich anpassbarer Riesen-Mix: Tanz Boas DJanes wuseln um ihn herum und
erledigen satt, nett und ewig die Mittelklassen-Arbeit.
Ich darf launisch, schöpferisch, nach Höhe- und
Tiefpunkten strebend bleiben. Ich muss keine Energie für matt nickende Party
People aufbringen - im Laptop stehn sie und helfen gern, meine DJanes.
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