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Tournee mit Orchester

Das ist mir so vor die Füße gerollt und lief über ein halbes Jahr, mit vier Auftritten, davon zweie ausverkauft, mit insgesamt sicher 2000 Besuchern. Besucher aus einer Geschmacksrichtung waren das, denen ich gar nicht verraten durfte, wohin meine sonstigen Musikrichtungen laufen, hoho. 

Ein Orchester tourte mit mir. Ein Walfisch-Projekt, riesig. Ich habe das nicht in die Wege geleitet. Ich wurde gefragt. und meine Antwort war: Ich schneide euch die Filme passend für das Orchester, aber ihr werdet durch die Hölle der Rechteverwaltungsgeier laufen. In Berlin durfte der "James Bond" nicht laufen - zum Trost habe ich dem Orchester genau auf diese Musik sechs Minuten Erinnerungsfilm über unseren Berlin-Aufenthalt geschnitten. Eine fünfte Veranstaltung gab es, jaja, da wurde gar nicht mehr gesagt, dass wir immer noch und weiter mit diesem Prachtprogramm touren. 
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Der Filmschneider ist bei dem ganzen tollen Auftritts-Brocken auf den Plakaten nicht erwähnt. Ich war erstens ja mal wieder VJ statt DJ: Alle Filme dieses Abends - und das Orchester musizierte etwa neunzig Minuten zu zwölf Kinofilmen - waren von mir passend geschnitten. Und die "Deutungshoheit" dieser Veranstaltungen lag zweitens beim Orchester. Über die Anfertigung der Filme wurde daraufhin schlicht geschwiegen, als wäre es die Leistung eines der hundert Orchester-Musiker, die ja auch nicht erwähnt werden. Merkwürdig ist das schon bei diesen vermutlich alternativlos hierarchisch gebauten Klassikstrukturen: Pausenloses Name-Dropping des Dirigenten und dreier Pianisten - ja, wir wechselten diese Stars dreimal - dann noch eine Co-Dirigentin, der technisch die Sache betreuende Verein, und dann ging die Tür zu. 

Lustig war dann wieder Berlin: Da hatte die Seniorengruppe, die das Konzert organisierte, die "Deutungshoheit". Prompt war das Orchester nur ein farbloser Schatten in der Besprechung des Ereignisses. Als die Fernseh-Reporterin die angeblich wichtigste Person des Berliner Konzertes, also den dortigen Veranstalter, fragte: Wer hatte die Idee "Filmmusik live" - sagte der doch glatt "Wir". Und keiner widersprach. Da schaut man dann live der Verfälschung von Abläufen im Sinne derjenigen zu, die das Mikrophon in der Hand halten.

Ich habe diese Homepage hier in der Hand, woraufhin es hier eine dritte Version der "Tournee mit Orchester" gibt: So sehr der Dirigent auch sein Orchester in den Mittelpunkt rückte, die Filme verspätet starten ließ, mittendrin pausieren ließ, und das Licht musste auf das Orchester deuten: Sobald das Kino sich verdunkelte, griffen mächtige Neuversionen von Filmklassikern nach den Gemütern der Zuschauer. Und dass diese Neuversionen der Filme hoch hoben und prachtvoll durch die Musik trugen, das bitteschön war ich, und es war keine triviale Leistung.

Schwamm über die nicht deckungsgleichen Sichtweisen zum Erfolg eines Events, Applaus von meiner Seite für das Orchester und Schande über diese Berliner Veranstaltungs-Protzer. Wegen all der diffus lauernden Urheberrechts-Probleme sage ich hier erstens nicht mal, welches Orchester das war, und zweitens fällt kein Name meiner Mitbeteiligten im suchmaschinenrelevanten Text.

Einseitig aus dem Fenster gelehnt hatte ich mich bei dieser Anpassung an Dirigentenwillen und Filme wie "Winnentou" - und kündigte, noch während das Finale nahte, an, dass ich keinen weiteren Umschnitt von vorgegebenen Kinofilmen machen wolle. Volle Filmkammern habe ich seitdem für Live-Events, bei denen ich dann aber Trance oder was-auch-immer locker mit Film mischen werde - und mir nicht mehr den selbsterstellten Start von "Spider Man" wegnehmen lasse, den das Publikum bei der Orchester-Tournee nie zu sehen bekam.